Mit dem Projekt Schallmaschine, dessen erste Version 2002 in der Reithalle der Kaserne Basel uraufgeführt wurde, betraten Boa Baumann und Fritz Hauser einmal mehr Neuland. Ausgangspunkt war die Idee, das traditionelle statische Gegenüber von Musikern und Publikum, von Akteuren und Rezipienten, von Sendern und Empfängern in ein dynamisches, interaktives Hörerlebnis zu überführen – und zwar mit einfachsten, aber wirkungsvollen Mitteln.
In der Reithalle wurden vier parallel zu- einander stehende, den Raum in gleiche Abschnitte teilende Podeste platziert, minimalistische Elemente, wie sie schon bei A manca di Orione und on time and space eine tragende Rolle gespielt hatten. Nur standen sie hier nicht mehr auf der Bühne, sondern mitten im Raum, entlang der Längsachse aufgereiht, und dienten als Podien für jeweils drei Musikerinnen und Musiker samt ihrem Schlagzeuginstrumentarium. Die neutral anmutende Aufstellung sollte dabei einer Hierarchisierung entgegenwirken und unter Vermeidung eines räumlichen und klanglichen Zentrums eine akustische Gleichwertigkeit der vier Instrumentalistengruppen bewirken.
Die Höhe der hinsichtlich ihrer Proportionen identischen Podeste war derart definiert, dass das musikalische Geschehen sich ungefähr auf Brusthöhe der Besucher abspielte, aus extremer Nähe verfolgbar und gerade dadurch «in einer anderen Welt», wie es Fritz Hauser ausdrückt. Eine zeitgrafische Partitur, die gewisse Freiräume liess, diente mitsamt gemeinsam gestarteter Stoppuhren der Koordinierung und dem musikalischen Zusammenhalt der mit unterschiedlichem Schlagzeuginstrumentarium versehenen Instrumentalisten.
Die Gesamtanordnung basierte auf der Idee, das musikalische Geschehen im eigentlichen Sinne dreidimensional erlebbar zu machen. Indem die Zuhörerinnen und Zuhörer sich durch den Raum bewegten, sich bald dem einen Podest annäherten und bald von einem anderen sich entfernten, den Kontakt zu den SchlagzeugerInnen suchten oder die Musik aus der Distanz wirken liessen, entschieden sie über ihr eigenes Hörerlebnis, gestalteten ihren eigenen Klangraum.
Das Konzept der schallmachine small wurde im Folgejahr im Kontext des Festivals different beat – eine Retroperspektive von Fritz Hauser – in die Reithalle der Kaserne Basel übernommen. Auch hier waren es kleine Besuchergruppen, die in den Genuss eines Minikonzertes in spektakulärer Umgebung kamen, als die von Baumann und Hauser entworfene SCHALLMASCHINE GROSS – diesmal hatten sie eine dreigeschossige Gerüststruktur leicht schräg im Saal platziert, einen ephemeren, kostengünstigen, schnell zu montierenden und demontierenden Baukörper – als Veranstaltungsrahmen diente. Ihren eigentlichen Auftritt hatte die aus Metallelementen zusammengesetzte Bühnenkonstruktion dann am Abend: Zehn internationale Perkussionssolisten und vierzehn Studierende der Konservatorien aus Basel/CH, Freiburg/D und Strasbourg/F agierten auf den drei Ebenen der Gerüststruktur, die als Resonanz- und Klangkörper selbst zu einem Instrument mutierte, zu einem, so Fritz Hauser, «Organismus, der ins Schwingen kommt». Diesmal verzichtete er auf eine Zeitpartitur; die Akteure, die sich mitunter durch die ganze Struktur bewegten, die Schallmaschine auf allen Ebenen bedienten und bearbeiteten, mussten aufeinander hören und reagieren.
Den Zuhörern oblag es erneut, ihre Position im Verhältnis zu Musik und Raum zu finden, Nähe und Distanz zu erleben oder durch die Gerüststruktur gar hindurchzugehen. Mit Hilfe des Lichts von Brigitte Dubach wurden die jeweiligen Spielbereiche akzentuiert und die räumlichen Dimensionen ausgelotet, wurde die Gesamtstruktur visuell dynamisiert, der musikalische Ablauf mitgestaltet.
Hubertus Adam
percussion in spaces Melbourne 2006 Presented by Speak Percussion and Aphids
Fritz Hausercomposition, artistic director
Boa Baumann space design, associate artistic director
David Youngcomposer for Schallmachine:small
Rosemary Joyinstrument maker for Schallmachine:small
Eugene Ughettiartistic director Speak Percussion
2002 / 2006 / 2007
fritz hauser mit boa baumann und brigitte dubach